GASOLHEADS
1,2,3... und Tschüß
Die Uhr tickt, und wenn Ihr das hier lest, ist es vielleicht schon vorbei.
Am 29.03. werden die Kings of Marseille so ihr offizieller
Titel in ihrer Heimatstadt ihrem selbst gesetzten Haltbarkeitsdatum
folgend von der Bildfläche verschwunden sein, natürlich nicht
ohne vorher noch ein zünftigen Abgesang veranstaltet zu haben. Schade
gerade weil sie sich mit ihren Platten und Konzerten in den letzten Jahren
nicht wenige Freunde gemacht hatten, und nun eigentlich die Zeit zum richtigen
Durchstarten gekommen wäre. Doch da sind die quirligen Franzosen,
die besonders durch ihre frische und unverkrampfte Herangehensweise überzeugten,
konsequent. Schluss ist Schluss. Uns beehrten sie immerhin noch im Dezember
in der Groove Station, so dass wir die Brüder Pascal (PG) und Olivier
(OG) noch fürs Revolverblatt ausquetschen konnten.

Backstage-Gasolheads mit Venusshells und Revolver Crew
UC: Das ist ja schade, zu hören, dass Ihr Euch
demnächst auflösen wollt, also die Band, ist das wirklich war?
PG: Ja, das stimmt und war von Anfang an so geplant.
UC: Ihr hattet also von vornherein nur eine limitierte
Zeit?
PG: Ja, wir hatten von Anfang an von, nur drei Platten zu machen. Drei
sind echt genug. Was willst Du als Punkrock Band nach drei Platten noch
sagen? Nicht die Zeit war begrenzt, aber die Anzahl de Platten, die wir
machen wollten. (Full Stereo Crash, Sixty Second Swingers,
Lying Shooter Position alle Lollipop-Rds + Red
Wine and White Russian Sampler-10 auf Dead Beat Rec., USA)
UC: OK, aber die Platten sind ja auch alle sehr
kurz, etwa so wie Zeke-Platten, ein bisschen mehr als 20 Minuten...
OG: Schau Dir die Ramones an, die wurden schlecht nach den ersten drei
Platten...
PG: Und die Clash auch... und viele andere. Punkrock Bands sollten nicht
mehr Platten machen
UC: OK, So manche Punkrock Band verpulvert ihre
ganze Energie mit der ersten Platte, und vielleicht sind auch die zweite
und dritte noch OK. Andre Bands werden aber auch von Platte zu Platte
besser, wie z.B. Rocket From The Crypt...
PG: Ja, da stimme ich zu, aber... wir würden nicht besser werden,
haha.
UC: Ich muss aber sagen, Eure 2. Platte ist besser
als die 1. Die geht mehr ab und hat eingängigere Songs. Vielleicht
ist es auch nur die Produktion, die besser ist...?
PG: Ich denke, es ist nur die Produktion, denn die Musik ist die selbe.
Das gleiche Prinzip: kein Song länger als 2.30 min...
OG: Wenn es länger wird, ist es Mist, das hat nix mehr mit Punkrock
zu tun.
UC: Ja, ich hasse zu lange Songs auch. Was man nicht
in 3.30 min rüberbringen kann, kann man auch sein lassen. Aber Ihr
müsst Euch ja auch irgendwas für die Zukunft gedacht haben...
PG: Ja, wir werden jetzt erstmal diese Tour zu Ende machen, im Januar
werden wir in Italien spielen, dann eine Runde durch Frankreich um uns
überall zu verabschieden, und dann gibt es eine Abschieds-Show in
Marseille nur für Freunde von uns. Das wird ne fette Party.
Sie findet im La Machine à Coudre statt. Dort war unser erstes
Konzert, und dort wir auch unser letztes sein.
OG: Es ist sehr klein und heiß, aber elektrifizierend
PG: Es ist perfekt.
UC: Ist es der selbe Laden, in dem die Release-Party
für Marsillia is Burning war?
PG: Ja, genau, es war klasse,
UC: Das war dann ja auch die Geburtsstunde der Neurotic
Swingers, oder?
PG: Ja, Stephane von Lollipop Records hat eine 7 mit 6 Bands aus
Marseille herausgebracht (Gasolheads, Cowboys From Outtaspace, Sugarfix,
Dollybird) , und natürlich gab es eine Party dazu. Später, so
gegen 2 oder 3 hingen wir alle besoffen an der Bar herum, und irgendwann
sahen wir uns an und fragten uns, warum wir nicht eine neue Band ins Leben
rufen. Und so kam es - und das sind nun die Neurotic Swingers (außer
Pascal (guitar) sind das: Raphael (bass & vocals) von Dollybird und
Mathieu (drums) von Sugarfix + Stephane von Lollipop Rds.).
UC: Und das ist jetzt also - jedenfalls für
Dich - das neue Projekt nach den Gasolheads.
PG: Ja, für mich auf jeden Fall.
UC: Und haben die anderen Bandmitglieder auch Pläne?
Irgendwo aus dem Off: Keine Ahnung!
OG: Ich werde auf jeden Fall weiter Musik machen, aber wohl keinen Punkrock,
sondern eher was in die Garage-Richtung.
PG: Für Ihn gibt es sowieso keine Chance aufzuhören. Es ist
eine Sucht.
OG: Ja, ich habe es schon versucht, aber es geht nicht ohne Musik.
UC: Aber, um - solange es Euch noch gibt - auf die
Gasolheads zurückzukommen: wenn man sich Eure Platten anschaut, fällt
auf, dass Ihr viel Wert auf die Gestaltung legt...
PG: Ja, wir stehen auf Comics, wodurch wir sehr beeinflusst sind. Wenn
man schon Vinyl herausbringt, hat man die Chance das Plattencover sehr
geil zu gestalten. Wir kontaktierten jedes Mal Künstler bzw. Zeichner,
und es hat immer geklappt.
OG: Es ist kein Ding der Unmöglichkeit, ein phantastische Plattencover
zu haben. Wenn es die Möglichkeit gibt, coole Comiczeichner dafür
zu gewinnen, ist es doch klasse.
PG: In Frankreich gibt es auch eine Menge Zeichner, die etwas mit RocknRoll
zu tun haben.
UC: Aber Du, Olivier machst ja auch die Covergestaltung
für viele Lollipop-Singles.
OG: Ja, aber ich bin kein Zeichner, sondern ein Computer Nerd. Das ist
alles am Computer gemacht.
UC: Ja, aber es sieht echt klasse aus. Du hast ja
inzwischen einiges gemacht...
OG: Ja, ich habe eine Single gestaltet, und dann eine weitere, und alle
sagten, es wäre cool, so hat mich Stephane immer wieder gefragt,
und mittlerweile sind es schon eine ganze Reihe.
UC: Die Montage mit dem FC Marseille mit den ganzen
Punkrocker-Köpfen ist ziemlich cool.
OG: Ja, es ist das perfekte Team: Lemmy im Tor und Joe Stummer als Stürmer.
UC: Hauptsache nicht Johnny Thunders im Tor.
PG: Ja, der würde wahrscheinlich einschlafen, haha.
UC: Bei Euch in Marseille scheint die ganze Szene
ziemlich dicht zusammenzuhängen...
PG: Marseille ist eine kleine Stadt, wenn man es an der RockNRoll-Szene
misst. Der harte Kern besteht vielleicht aus 12-15 Leuten. Daraus rekrutieren
sich alle Bands. Vom Publikum her sind es schon etwas mehr, aber die Leute,
die direkt involviert sind nicht.
OG: Als wir angefangen haben, war es jedenfalls so, inzwischen gibt es
auch Jüngere, die sich dafür interessieren. Die fangen auch
an, in Bands zu spielen oder Konzerte zu organisieren. Das ist klasse!
PG: Wir haben festgestellt, dass es Leute gibt, die einem folgen werden,
wenn man anfängt, Konzerte zu organisieren oder selbst Musik zu machen.
So entsteht eine Szene.
OG: Ja, die Leute kommen, sie tanzen, sie besaufen sich... und sie kommen
wieder.
PG: Ich finde es klasse, wenn 15-jährige Kids ankommen und zu RocknRoll
abgehen. Inzwischen gibt es einige gute Bands bei uns z.B. die Cowboys
From Outtaspace, die etwas in der Richtung der Chrome Cranks machen ,
und ein paar andere. Was wirklich gut ist, ist die Tatsache, dass wir
ständig zusammen rumhängen und uns besaufen. Das ist das, was
es ausmacht. Und Lollipop Records spielt eine wichtige Rolle. Ohne die
ganzen Platten, die Stephane herausbringt, wäre von unserer Szene
nicht so viel zu hören.
OG: Bei solchen Gelegenheiten werden dann auch alle Pläne gemacht,
ob es nun um Bandprojekte geht, oder bestimmte Konzerte zu organisieren.
UC: Es ist ja noch nicht solange her, dass wir in
Deutschland etwas von der französischen Punkrock-Szene mitbekommen
haben. Das begann mit Bands wie den TV Killers und anderen Vorreitern
wir Splash 4 vor ca. 6 Jahren.
OG: Ja, das waren 3-4 Bands: Splash 4, The No-Talents, aber inzwischen
hat sich einiges getan. Da gibt es die Jerry Spider Gang, Dare Dare Devil...
In den frühen Neunzigern gab es kaum etwas. Die TV Killers waren
sicher Vorreiter, die uns gezeigt haben, dass es möglich ist, in
Frankreich coolen Punkrock zu machen und sogar im Ausland Aufmerksamkeit
zu finden. Vive le TV Killers!
UC: Lo von der Jerry Spider Gang hat mir erzählt,
dass es ziemlich schwierig mit Gigs ist, da es keine eingespielte Struktur
mit Auftrittsorten etc. gibt, und die Konzerte in den meisten Städten
von Typen aus anderen Bands organisiert werden.
PG: Ja, die Szene insgesamt ist ziemlich klein. Die meisten Typen, die
in Bands spielen, organisieren auch Konzerte für andere Bands oder
schreiben für Fanzines. Alle sind ziemlich aktiv.
UC: Das heißt: alles ist ziemlich konzentriert
auf relativ wenige Leute.
PG: Ja, es sind eben nicht so viele
OG: Es ist eine sehr kleine Struktur, aber es funktioniert, und das immer
besser. Wir staunen immer, wenn wir nach Deutschland kommen, was es hier
für eine Struktur gibt: es gibt überall Clubs, Plattenläden
und Fanzines, was sehr wichtig ist, denn das hält alles zusammen.
Bei uns gibt es nur eine Handvoll.
Im weiteren Verlauf wurde noch gewaltig die deutsch-französische
Achse die im Punkrock nämlich beschworen und sich in
gegenseitigem Lobeshymnen ergangen. Am diesem Abend erlebten wir übrigens
auch ein großartiges Konzert in der Groove Station das letzte
hier mit den Gasolheads. Aber im Sommer wird es eine Party mit französischen
Punque Rock geben. Und zwar auf der Popkomm, am 14.08. im Kölner
Underground. Gemeinsam mit Teenage Head Bookings präsentieren wir
dort die Neurotic Swingers, die Jerry Spider Gang und Bee Dee Kay &
The Rollercoasters! Wir sehen uns! Au revoir.
Interview: Ulli
Curschmann

Gasolheads live
|